Verlagerung des Umspannwerks Niedernhausen – eine logische Konsequenz der Energiewende (PM220504)

Die Gemeinde Niedernhausen hatte mit Beschluss vom Sept. 2020 die Verlagerung der wie Fremdkörper wirkenden Masten und Leitungen an die Gemeindegrenzen als klares Ziel festgelegt. Damit soll laut Gemeindebeschluss das Ziel einer Entwicklung des Ortskerns mit Verlagerung des Umspannwerks zur baulichen Nutzung der freiwerdenden Flächen realisiert werden können.

Um diesem Ziel näher zu kommen und auch den Handlungsbedarf für das Umspannwerk Niedernhausen im Zuge der Energiewende abschätzen zu können, hatte die Bürgerinitiative Umweltschutz Niedernhausen.Eppstein e.V. (BI Umweltschutz) das Hamburger Beratungsunternehmen Consulectra GmbH mit zwei Studien beauftragt. Diese sollten erstens die Frage, wie sich der Energieverbrauch in Niedernhausen und die Anforderungen an das Umspannwerk im Rahmen der Energiewende entwickeln, beantworten und zweitens die Machbarkeit und Kosten einer Verlagerung des Umspannwerks an die Gemeindegrenzen im Rahmen einer Kapazitätserhöhung abschätzen. Die Ergebnisse dieser Studien wurden am Dienstag den 26. April von der Verfasserin der Studie, Fa. Consulectra GmbH, zusammen mit der BI Umweltschutz in einer gemeinsamen Sitzung des Bauausschusses, sowie des Sozial-, Umwelt- und Klimaausschusses der Gemeinde Niedernhausen in der Autal Halle vorgetragen.

Die Studie der Fa. Consulectra zu den zukünftigen Anforderungen der Energiewende an das Umspannwerk (liegt der Redaktion vor) kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 70 MW zusätzliche Leistung nur für Niedernhausen im Umspannwerk durch E-Mobilität sowie den Betrieb von Wärmepumpen notwendig werden wird. Dabei hob Consulectra hervor, dass es sich um eine konservative Schätzung handle, weil einige Parameter (z.B. die max. Ladeleistung bei Autos) niedrig angesetzt wären.

Die technische Machbarkeit einer Verlagerung des Umspannwerks Niedernhausen an die Gemeindegrenzen wurde in der zweiten Studie der Fa. Consulectra beeindruckend dargelegt. Nicht nur kann eine Verlagerung durch die neuen Nutzungsmöglichkeiten der freiwerdenden Flächen finanziert werden, ebenso könnten dadurch große Waldflächen renaturiert und Bauland im Siedlungsbereich gewonnen werden. Dazu kommt laut Consulectra der große Vorteil, dass eine Aufteilung und Verlagerung des Umspannwerks in einen nördlichen und einen südlichen Standort sehr flexibel und preiswert durch teilweise Verwendung der jetzigen Ausrüstung und Transformatoren eine Umsetzung der abgeschätzten notwendigen Leistungssteigerung im Zuge der Energiewende ermöglichen würde. Die bestehenden Wohngebiete würden zudem mastenfrei, da die Anbindung des Ortsnetzes über eine Erdkabelverbindung zwischen dem Umspannwerk Süd und den heutigen Schaltanlagen in der Ortsmitte realisiert werden kann.

Syna, der Betreiber der Anlage, hatte just auch am 26. April dieses Jahres nach 4-monatiger Vorlaufzeit endlich auf Nachfrage von Bürgermeister Reimann in einem Brief (liegt der Redaktion vor) schriftlich mitgeteilt, dass derzeit nur ca. 20 MW Reserve im Umspannwerk Niedernhausen vorlägen. Damit ist die Notwendigkeit eines weiteren Ausbaus vorgezeichnet. Eine „mittelfristige energiewirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Niedernhausen“ sei laut Syna auf dem jetzigen Gelände in der Gemeinde Mitte im Rahmen eines gesteigerten Bedarfs nur durch größere Transformatoren und stärkere Leitungsseile an den Masten zu realisieren. In der Diskussion wurde deutlich, dass der Großteil der Gemeindevertreter, die anwesenden Bürger und die Vertreter der BI Umweltschutz verständlicherweise einen Ausbau und Verstärkung des Umspannwerks am jetzigen Standort ablehnen.

Sehr erstaunt war man Seitens der Gemeinde, dass Syna in dem Antwortschreiben an Bürgermeister Reimann eine mangelnden Planrechtfertigung für eine Verlagerung der Anlage mit entsprechender Trassenänderung anführte. Eine derartige „Planrechtfertigung“ – einem Terminus aus dem Genehmigungsrecht – sei laut den Rechtsanwälten der Gemeinde rechtlich überhaupt nicht notwendig. Eine Rechtfertigung für die Verlagerung sei bereits gegeben, wenn das Vorhaben vernünftigerweise geboten ist, was im Zuge der notwendigen Ausbaumaßnahmen des Umspannwerks in der Gemeindemitte sehr logisch und nachvollziehbar sei. Die Juristen führen in Ihrer Stellungnahme an, dass es in der Rechtspraxis kaum einen großzügigeren Maßstab für eine Rechtfertigung gäbe und gemessen daran, dass die Verlagerung des UW Niedernhausen zur Entspannung einer immissionsschutzrechtlich äußerst angespannten aktuellen Situation führe, sei dies mehr als genug Rechtfertigung. Diese Information soll auch den Gemeindevertretern kurzfristig detailliert zugänglich gemacht werden. 

Nach Meinung der BI Umweltschutz stellt sich hier der Netzbetreiber Syna völlig unnötig gegen die logische Weiterentwicklung von Wohngebieten und in diesem Fall auch gegen die Weiterentwicklung der Gemeinde-Mitte. Man könne Syna nicht zu einer Verlagerung zwingen, aber man hoffe, dass die Tatsache, dass allein das heutige Grundstück der Syna einen Erlös von ca. 8 Mio. € in die Kassen spülen würde, die Motivation zur Verlagerung wachsen lässt. Nach wie vor aber fordert die BI Umweltschutz, dass die BNetzA (Bundesnetzagentur) den Anfang mit der Verschwenkung von Ultranet in den von der Gemeinde geforderten D3-Korridor macht. Das wäre der richtige Startschuss und die richtige Weichenstellung für eine zukunftsorientierte Entwicklung in Niedernhausen, auch für die Verlagerung des Umspannwerks.  

Nach Informationen der BI Umweltschutz hat sich hier eine Steilvorlage für die Gemeindepolitik entwickelt, das Ziel der Entwicklung einer lebenswerten Mitte der Niedernhausener Gemeinde konsequent zu verfolgen und die Verlagerung des Umspannwerks Niedernhausen mit der Syna konstruktiv weiterzuentwickeln, zumal die Verlagerung durch die Baulandverkäufe der freiwerdenden Flächen finanzierbar wäre. Spätestens jeder Ausbau bzw. jede Veränderung des heutigen Umspannwerks wird aus dieser Perspektive für die Gemeinde Niedernhausen Anlass sein, von Syna konsequent eine Verlagerung einzufordern.

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